Warum Technik in der Gemeinde Sinn ergibt

von | Jan 6, 2019

Innerhalb weniger Jahre hat Technik und Ausstattung in den meisten modernen Gemeinden extrem zugenommen. Es gehört eigentlich zum Standard eine Leinwand mit Liedtexten und eine Musikanlage für eine Lobpreisband zu haben. Megachurches wie ICF und Hillsong gehen noch einen Schritt weiter und gestalten den Gottesdienst als multimediales Erlebnis. Hier ist Technik inzwischen gar nicht mehr wegzudenken. Als Hauptargument für die viele Technik wird oft herangezogen, dass diese die Qualität des Gottesdienstes verbessere. Dazu gibt es aber auch viele kritische Stimmen, die einen Großteil der Technik in Gemeinden als überflüssig bezeichnen, manche verurteilen den massiven Einsatz sogar. Es stellt sich also die Frage, ob wir Technik für Gottesdienst und Gemeinde überhaupt brauchen und falls ja, wie sie einzusetzen ist.

Um besser zu verstehen, warum dieses Thema so diskussionsrelevant ist, ergibt es Sinn zunächst einen Blick auf die Entwicklung der technischen Ausstattung in christlichen Gemeinden zu werfen. Noch vor einigen Jahren sahen die meisten Gemeinden vor allem in diesem Bereich noch ganz anders aus. Doch irgendwann reichte es nicht mehr aus, einfach mit Akustikgittare eine Lobpreiszeit zu gestalten, besonders bei Gemeinden mit vielen Besuchern. Mikrofone und Lautsprecher ermöglichten es, dass jeder im Raum die Musik oder auch die Sprecher gut hören konnte. In unserer Gemeinde erinnere ich mich noch an einen anderen Bereich, der in den Anfangsjahren sozusagen bereits existiert hatte: die Medientechnik bzw. das Folienauflegen. Einen Beamer hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, also musste immer jemand neben dem Overhead-Projektor stehen und die Liedfolien wechseln. Nach dem was ich gehört hatte, kein besonders beliebter Job für die meisten Gemeinschaftsmitglieder.

Wo liegt der Fokus?

Inzwischen hat sich die Medientechnik in Megakirchen zu einem Dienstbereich entwickelt, den ein Mensch alleine unmöglich übernehmen kann. Vor allem um die junge Generation zu erreichen wird immer mehr Aufwand betrieben, damit „die Celebration“ zu einem multimedialen Erlebnis wird. Manche erinnert der Organisationsaufwand und Geldumsatz hier eher an ein wirtschaftliches Unternehmen als an einen Gottesdienst. Die größte Gefahr dabei ist, dass vor lauter Technik das Wesentliche aus dem Fokus rückt. Technik darf niemals den zentralen Punkt eines Gottesdienstes überdecken oder gar stören, sie muss in jedem Fall diesen unterstützen. Die Tontechnik sollte das Ziel haben, einen guten Sound hervorzubringen und die Lautstärke so regulieren, dass alle (oder zumindest die meisten) Gottesdienstbesucher sich wohl fühlen. Die Lichttechnik sollte der aktuellen Situation angemessen sein und nicht zu sehr die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Denn sie ist es auch nur ein unterstützendes Medium. Genauso geht es bei der Medientechnik um die Unterstützung der Inhalte des Predigers und nicht darum ein möglichst spektakuläres Medienfeuerwerk zu veranstalten.

Das Mitarbeiter-Problem

Natürlich wirkt sich mehr Technik nicht nur auf die Besucher eines Gottesdienstes nicht nur auf die Besucher, sondern besonders auch auf die Mitarbeiter aus. Immer komplexeres Equipment erfordert immer mehr und immer geschultere Leute an der Technikbühne. Das Bedienen von Licht- und Tonkonsole ist kein Kinderspiel und erfordert viel Know-How und Vorbereitung. Aus diesem Fakt resultieren hauptsächlich zwei Probleme: Einerseits wissen immer weniger Leute wie die Geräte zu bedienen sind und wenn Leute ausfallen, gibt es auf einmal kein Licht mehr. Dem lässt sich allerdings durch gezielte Schulungen neuer Mitarbeiter entgegenwirken, auch wenn es nahezu unmöglich sein wird, jeden auf das gleiche Niveau zu bringen. Schließlich beschäftigen sich manche Mitarbeiter auch in ihrer Freizeit viel mit den technischen Aufgabenbereichen in ihrer Gemeinde und man kann weder die restlichen Mitarbeiter zwingen dies auch zu tun, noch den Technikbegeisterten das Recherchieren und Lernen außerhalb der Veranstaltungen verbieten. Denn gerade dadurch entsteht Kreativität und frische Energie, die ein Technikteam immer gebrauchen kann. Auf jeden Fall sollte man versuchen bei allen Mitarbeitern einen gewissen Wissenstandard zu schaffen, auch wenn das nicht immer einfach ist. Erfahrene Mitarbeiter müssen sich Zeit nehmen, um Anfängern die Bedienung technischer Geräte und Software zu erklären. Es geht nie darum sich selbst unersetzbar zu machen, indem man sein Wissen und seine Erfahrung für sich behält, ganz im Gegenteil. Das Ziel eines jeden Technikers sollte sein, Neulinge so anzuleiten, dass sie eines Tages sogar besser werden als ihre Vorgänger. Das kostet Überwindung, führt aber zum eigentlichen Ziel eines Technikteams: Den Inhalt des Gottesdienstes bestmöglichst zu unterstützen, und das auch wenn ein Techniker durch Krankheit mal ausfällt.

Exzellenz statt Perfektion

Das zweite große Problem von Technikmitarbeitern in der Gemeinde kann schnell die Überforderung der Mitarbeiter durch zu hohe Standards werden. Während früher drei kleine Baustrahlerlampen für die komplette Beleuchtung verantwortlich waren, fällt inzwischen trotz Beleuchtung der Sprecher mit mehreren, verschieden ausgerichteten Halogenlampen manchen Leuten bereits leichte Schatten auf dem Gesicht des Predigers auf. Ich habe Gemeinden besucht, in denen es völlig normal war, dass ein Tontechniker erst fünfzehn Sekunden nach Beginn des Liedes den Regler für das Mikro des Sängers findet, während der Tontechniker in meiner Gemeinschaft bereits nach gefühlten 50 Millisekunden böse Blicke erntet. Es ist völlig normal, dass sich die Gemeinde und damit auch ihre Technik weiterentwickelt und Standards gehoben werden. Dabei sollte aber sowohl dem Technikteam als auch den anderen Mitarbeitern und der Leitung bewusst sein, dass es bedingt durch Equipment und Mitarbeiterzahl bestimmte Grenzen gibt und nicht jede Veranstaltung das gleiche technische Niveau wie eine Sonderveranstaltung haben kann. Auf der Techarts-Konferenz 2015, die ich mit zwei Freunden besucht habe, lautete das übergeordnete Motto „Exzellenz statt Perfektion“. Menschen machen Fehler und das muss erlaubt sein, aber es geht darum, das Beste für Jesus zu geben.

Techniker brauchen Auszeiten

Auch die Techniker hinter der Bühne sollten, wenn irgendwie möglich im Gottesdienst eine Begegnung mit Jesus haben, und wenn dies aufgrund ihrer Arbeit nicht möglich ist, sollte sichergestellt werden, dass jeder Mitarbeiter auch mal „frei“ hat und einfach nur im Gottesdienst sitzen kann ohne sich die ganze Zeit auf seinen Aufgabenbereich konzentrieren zu müssen. Es ist oft nicht vermeidbar, dass sich ein Lichttechniker in der Lobpreiszeit mehr auf den richtigen Zeitpunkt die Farben einer bestimmtem LED-Lampengruppe zu ändern konzentriert, als darauf Jesus zu begegnen. Oder ein Medientechniker mehr darauf fokussiert ist auf bestimmte Stichwörter in einer Predigt zu achten um rechtzeitig die nächste Folie anzuzeigen, anstatt den gesamten Inhalt der Predigt für sich aufzunehmen und zu überlegen wie er das Gelernte in seinem Alltag umsetzen kann. Genau deswegen ist es so wichtig, die Plätze hinter der Technikbühne regelmäßig zu wechseln.

Das „Technikteam“

Techniker sollten in der Gemeinde nicht nur als vollwertige und am Gottesdienst teilnehmende Mitglieder agieren, sie bilden auch ein eigenes Team, das „Technikteam“. Genauso wie bei einem Lobpreisteam ist es wichtig, dass sich die Mitglieder dieses Teams untereinander gut verstehen und auch Zeit zusammen verbringen, wenn sie nicht im Dienst sind. Ein Technikteam, dass sich nicht nur als Arbeits-, sondern auch als Freundeskreis versteht ist mit ziemlicher Sicherheit viel motivierter, kreativer und leistungsfähiger in ihrer Arbeit. Um die Beziehungen in so einem Team auszubauen, eignet sich z.B. ein gemeinsamer Kochabend, ganz ohne Technik und Arbeit. Denn das Technikteam ist in gewisser Weise auch Teil des Lobpreisteams und genauso wichtig wie die Menschen, die vorne auf der Bühne stehen. Deswegen verdienen sie es auch als solches wahrgenommen zu werden. Da besonders die Technik häufig nur dann von anderen adressiert wird, wenn etwas nicht funktioniert, ist es wichtig auch gezielt Lob auszusprechen. So verhindert man, dass der Technikdienst eines Tages zum öden Muss wird. Technik in der Gemeinde kann nur funktionieren, wenn die Techniker Spaß an ihrer Arbeit haben.

Hör auf zu vergleichen

Vorher hatte ich bereits kurz angedeutet, dass es vor allem in Deutschland bei viele Gemeinden ein technisches Defizit gibt. Für die „technikgesegneten“ Gemeinde besteht aber vor allem die Gefahr des Vergleichs, sowohl nach unten als auch nach oben im Bereich der technischen Ausstattung. Wenn eine andere Gemeinde aufgrund der technischen Qualität ihres Gottesdienstes „ausgelacht“ wird, dann ist das sicherlich nicht die Art und Weise des Umgangs, über die Jesus sich freuen würde. Nur weil ein Gottesdienst ein technisch niedrigeres Level hat, lässt sich allein dadurch kein endgültiger Beschluss über die Qualität dessen ziehen. Selbst wenn eine Veranstaltung von außen noch so unprofessionell und fehlerhaft ist, was geistlich tatsächlich passiert, wird man niemals wirklich komplett erfassen können. Wenn Gott nur in Gemeinden mit einer bestimmten Anzahl an Halogenscheinwerfer wirken würde, hätten die Urgemeinde in Jerusalem ein ziemlich fettes Problem gehabt. Anstatt auf andere Gemeinden herabzusehen sollten technikgesegnete Gemeinden versuchen andere Gemeinden in ihrer Entwicklung im Bereich Technik zu unterstützen und ihnen Tipps geben, wie sie ihr technisches Niveau heben können. Die andere Gefahr besteht darin, ständig nach oben zu schauen und sich mit besser ausgestatteten Gemeinden zu vergleichen. Wie auch in anderen Lebensbereichen und im Alltag ist es hier wichtig, mit dem zufrieden zu sein was einem momentan zu Verfügung steht und daraus das Beste zu machen. Eine Technikkultur, die hauptsächlich aus Motzen über zu wenig und zu schlechte Technik und Vergleichen mit besser ausgestatteten Gemeinden besteht, wird die Entwicklung der Gemeinde nicht gerade voranbringen. Und auch wenn Megachurches und deren Gottesdienste als gutes Vorbild dienen können, sollte klar sein, dass sich nicht alles direkt so eins zu eins für die eigene Gemeinde übertragen lässt.

Unterschiedliche Zugänge

Ist Technik in der Gemeinde ein Muss? Ich glaube, dass es extrem schade wäre, wenn alle Gemeinden Technik in dem Maße einsetzen würden wie z.B. wir es tun. Das würde die Vielfalt der vielen Gemeinden weltweit zerstören. Es ist gut, dass es Kloster und Kirchen ohne Technik gibt, denn es wird immer einen Teil von Menschen geben, die genau durch diese Art von Gottesdienst Gott besonders erleben. Dieser Teil schrumpft vielleicht momentan, aber er wird sicherlich nicht komplett verschwinden. Die Unterschiedlichkeit der Gemeinden weltweit drückt geradezu die Vielfalt und Breite von Gottes Charakter aus und die unterschiedlichen Zugänge zu ihm. Für Manche stellt Technik eher eine Blockade zwischen ihnen und Gott dar, anstatt eine Brücke. Das ist dann auch nicht die Schuld dieser Leute, sie haben einfach einen anderen Zugang und sie sollten auch die Möglichkeit haben, Gott mit ihrem Zugang zu erfahren.

Youth Loves Technics

Mit ansprechenden medialen Inhalten, einer modernen, gut abgemischten Band und exzellenter Lichttechnik erreicht man vor allem die junge Generation viel besser, als wenn einfach nur der Inhalt ohne Technik serviert wird. Jugendliche sind von Technik oft fasziniert und sie kann auch als Anreiz dienen, die ersten Male in die Gemeinde zu kommen. Nach einiger Zeit sollte sich der Hauptgrund für den Gottesdienstbesuch natürlich ändern, aber als junger Neuling ist es sicherlich ein Anreiz überhaupt zu kommen. Die Begeisterung über Technik wird in der Gemeinde erst richtig interessant, wenn in diesem Bereich neue Mitarbeiter rekrutiert werden. Technikinteressierte Teenager sind von Anfang an motiviert und entwickeln sich schnell weiter. Die Mitarbeit im Technikteam kann sogar ein Anreiz sein, regelmäßig zu kommen. Nach und nach bekommt man immer mehr Verantwortung übertragen und lernt mehr über seinen Bereich. So gewinnt die Gemeinde nicht nur neue, dauerhafte Mitarbeiter, sondern hebt auch das technische Niveau in den Veranstaltungen auf Dauer. Auch können dadurch neue Freundschaften oder Mentorbeziehungen entstehen, wenn erfahrene Mitarbeiter die neuen Einsteiger anleiten und ihnen technisches Wissen beibringen.

Moderne Gleichnisse

Einer der größten Pluspunkte für die Technik ist meiner Meinung nach, dass sich damit die eigentliche Botschaft besser transportieren lässt und verständlicher wird. Jesus benutzte damals Gleichnisse, um seinen Zuhörern das Himmelreich, Gottes Liebe und viele andere Dinge zu erklären, wir verwenden Filme und PowerPoints. Technik macht den Inhalt eines Gottesdienstes verständlicher und direkter, z.B. weil sich viele in einem gezeigten Film besser in die emotionale Lage oder das gesamte Geschehen hineinversetzen können und aus dieser Perspektive dann auch die Predigt besser verstehen. Gott nutzt Lobpreismusik um Menschen zu berühren, obwohl er das bestimmt auch ohne Musik könnte. Aber er freut sich, wenn Menschen ihre Talente einsetzen um in seinem Reich zu dienen. Und deswegen freut er sich auch über Techniker, die genau das tun.

Um das Ganze auf den Punkt zu bringen: Technik in der Gemeinde ist sicherlich kein Muss, aber sie verbessert, wenn sie richtig eingesetzt wird, die Qualität des Gottesdienstes und sorgt dafür, dass Jugendliche mehr angesprochen werden. Um das zu erreichen ist es aber extrem wichtig immer wieder zu überprüfen, dass alle Technikbereiche den Inhalt des Gottesdienstes unterstützen und den Fokus nicht auf sich selbst ziehen. Predigten, Lobpreiszeiten oder Kindereinheiten sollten niemals grundlos mit medialen Inhalten überladen werden, stattdessen sollten vor allem Licht- und Tontechnik helfen die zentralen Aussagen der verschiedenen kreativen Beiträge zu verdeutlichen und zu untermauern. Mitarbeiter sollten für Technik begeistert, aber nicht durch sie überfordert werden. Menschen gehen immer vor Maschinen und die Technik in der Gemeinde ist nie ein Selbstzweck, sondern sie dient viel mehr dem großen Ganzen. Sie dient dem Ziel, Menschen für Jesus zu begeistern und eine Verbindung zwischen ihnen und Gott herzustellen. Und wenn Technik zu diesem Ziel beiträgt, dann hat sie auch eine Berechtigung.

Interessiert?

Mehr Infos über unser Technikteam findest du auf der Seite von Chara Technics. Egal ob du mitarbeiten willst oder Fragen hast, wir setzen uns gerne mit dir in Verbindung.